Union bläst zur Jagd auf den Wolf – wo in Deutschland die meisten Rudel leben (2024)

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Von: Andreas Schmid

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Union bläst zur Jagd auf den Wolf – wo in Deutschland die meisten Rudel leben (1)

„Es ist leider kein Märchen“, meint die Union: Wölfe seien in Deutschland ein zunehmendes Problem. Braucht es lockerere Abschussregeln?

Er ist 70 bis 90 Zentimeter groß, bis zu 140 Zentimeter lang – und wird in schöner Regelmäßigkeit zum Politikum: der Wolf. Einst in Europa nahezu ausgerottet, erholt sich der Bestand auch in Deutschland. Das sorgt für Ängste und Sorgen, gerade unter Landwirten. Für die Bevölkerung ist das Raubtier aus der Familie der Hunde kaum gefährlich, Wölfe scheuen Menschen und greifen sie sehr selten an.

Auf dem Speiseplan des Wolfes stehen Rehe, Schweine oder Schafe. Weidetierhalter fürchten daher um ihre Tiere – und fordern von der Politik seit Jahren lockere Abschussregeln. Dem stand bislang EU-Recht im Weg, doch nun lockert die EU-Kommission die Einstufung. Die CDU/CSU will auch für Deutschland neue Regeln. Unterstützung kommt von den Freien Wählern. „Der Wolf muss bejagt werden“, sagte FW-Parteichef Hubert Aiwanger schon vergangenes Jahr unserer Redaktion. Gegenwind gibt es von den Grünen.

Wolf bald „geschützt“ statt „streng geschützt“?

Die Unionsfraktion dringt nun mit einem Antrag auf einen leichteren Abschuss von Wölfen in Deutschland. Der Bundestag behandelt das Thema am Mittwoch (5. Juni). Der Antrag bezieht sich auf die Berner Konvention zum Schutz wildlebender Pflanzen und Tiere, die wiederum drei Anhänge enthält. DerWolfist in Anhang II gelistet und fällt damit unter die streng geschützten Tierarten. Sie dürfen nicht gefangen oder getötet werden. Für CDU und CSU gehört derWolfaber in Anhang III, der die geschützten Tierarten enthält. Auf sie darf Jagd gemacht werden.

Ähnlich hatte zuletzt auch die EU-Kommission argumentiert: Wölfe seien in Europa nicht mehr vom Aussterben bedroht. Die Union will den Wolf auch als „jagdbares Wild“ in das Jagdgesetz aufnehmen. Die momentane Bund-Länder-Regelung zum sogenannten Schnellabschuss geht der Union nicht weit genug.

CDU und CSU sprechen in diesem Zusammenhang oft von „Wolfsmanagement“, das sich nicht nur auf „Problemwölfe“ konzentrieren solle. Vielmehr müsse die Zahl der Wölfe durch gezielte Bejagung reduziert werden. „Nach Ansicht von Experten ist der günstige Erhaltungszustand des Wolfs erreicht und sogar überschritten“, heißt es dazu im Antrag. In der EU gebe es schätzungsweise 20.300 Wölfe. Sie würden laut einer Datenerhebung der EU-Kommission jährlich mindestens 65.500 Tiere reißen.

Wölfe in Deutschland: Population steigt

Tatsächlich steigt die Anzahl der Tiere in Deutschland. Laut der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes für den Wolf lebten zuletzt 184 bestätigte Rudel, 47 Paare und 22 Einzeltiere in Deutschland (Stand: November 2023). Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor waren es noch 161 bestätigte Rudel, 43 Paare und 21 Einzeltiere.

Ein Rudel besteht aus acht bis zwölf Tieren. Die meisten Wolfsrudel registrierte der Bund in Brandenburg (52), Niedersachsen (39), Sachsen (38), Sachsen-Anhalt (27) und Mecklenburg-Vorpommern (19).

Union bläst zur Jagd auf den Wolf – wo in Deutschland die meisten Rudel leben (2)

Video: Seltene Wolfssichtung im Landkreis Weilheim-Schongau

In Bayern gab es Ende 2023 zwei Rudel sowie zwei bekannte Wolfspaare. Ein Jagdpächter aus dem Landkreis Weilheim-Schongau fing erst vergangenes Wochenende (1./2. Juni) seltene Wolf-Aufnahmen mit seiner Wildkamera ein. Mitten am Nachmittag ist dort ein Wolf zu sehen, der sich genüsslich in einer Pfütze suhlt und offensichtlich sein Revier markiert (siehe Video).

Grüne gegen lockere Abschussregeln: „Wiederausrottung lehnen wir ab“

Die Grünen lehnen den Antrag ab. Man nehme die Anliegen und Ängste der Weidetierhalter „sehr ernst“, sagt der Grünen-Obmann im Umweltausschuss, Jürgen Kretz, zu IPPEN.MEDIA. „Eine Scheindebatte brauchen wir aber nicht.“ Die Grünen sprechen sich für eine „langfristig verträgliche Koexistenz von Mensch und Wolf“ aus. „Der Wolf hat ein Existenzrecht“, sagt Kretz. „Eine Wiederausrottung oder Reduzierung des Wolfsbestandes lehnen wir ab.“

Weidetierhalter müssten aber besser bei Herdenschutzmaßnahmen unterstützt werden, etwa durch Förderung von Herdenschutzmaßnahmen und entsprechende Kostenübernahmen, beispielsweise für den Arbeitsaufwand, „sowie durch frühzeitige Beratung, wo bislang noch keine Wölfe existieren“. Herdenschutzmaßnahmen seien wirksamer als eine Bestandsbejagung.

„Wir alle kennen den ‚bösen Wolf‘ aus dem Märchen“

Ein Abschuss solle die Ausnahme bleiben – „in Fällen, wo Wölfe gelernt haben, Herdenschutzmaßnahmen zu überwinden, ist das leider alternativlos, weil sonst dieses Verhalten an den Nachwuchs weitergegeben wird.“ Zudem brauche es mehr Aufklärung über tatsächliche Risiken von Wölfen. Es gebe in diesem Punkt Fehleinschätzungen in der Bevölkerung. „Unsere kulturelle Prägung tut ihr übriges – wir alle kennen den ‚bösen Wolf‘ aus dem Märchen.“

Die CDU/CSU meint dazu in einer Stellungnahme: „Es ist leider kein Märchen: Wölfe breiten sich in Europa rasant aus, und sie sind mitnichten harmlos.“ Es brauche daher leichtere Abschussregeln. Die umweltpolitische Sprecherin der Fraktion,Anja Weisgerber, fordert von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) daher, „mit der romantischen Verklärung des Wolfes endlich aufzuhören“.(as)

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